Teamstories

Reisebericht Taiwan/Kaohsiung


Die Worldgames sollten mehr werden als nur eines von vielen Turnieren, die wir bis jetzt bestritten hatten. Wir hatten eine gewisse Verantwortung: Wir waren unterwegs als deutsche Paintball-Nationalmannschaft. Unser Ziel war es, Deutschland und unseren Sport in einer angemessenen Art und Weise zu vertreten und natürlich, um zu gewinnen.Wir wollten mit den anderen Teams ein ansehnliches Turnier spielen, um unseren Sport für die Worldgames 2013 zu empfehlen für eine fest in das Programm aufzunehmende Sportart.

12.000 Kilometer in 24 Stunden
Die Anreise stellte schon ein anderes Kaliber als der gewöhnliche Hinweg zu einem Millennium-Event dar, obwohl wir von diesen Trips einiges gewohnt sind. Aber 12.000 Kilometer und fast 24 Stunden unterwegs zu sein - da gibt es nichts Vergleichbares.

In Taiwan angekommen war die Hitze in Kombination mit der Luftfeuchtigkeit fast unerträglich. Aber es sollte noch heißer werden, wie uns freiwillige Helfer der Worldgames auf dem Weg zum High Speed Rail Terminal erzählten.

Dort trafen wir die ersten Sportler, es war die niederländische Tug of War-Nationalmannschaft bis 630 Kilogramm. Für die, die diesen Begriff nicht kennen: Tug of War ist die internationale Bezeichnung für das uns bekannte Tauziehen. Die „Jungs“ waren in stylishen Radlerhosen und Sandalen unterwegs und fanden es ganz amüsant, dass wir zum Paintballspielen anreisten. Der Zug sah aus wie eine bessere S-Bahn, aber hat doch „ordentlich Meter gemacht“: Er fuhr nur knapp 1,5 Stunden von Taipeh, der Hauptstadt Taiwans, nach Kaohsiung, dem zweitgrößten Ort Taiwans – und das waren immerhin rund 400 Kilometer.

In Kaohsiung direkt am Ankunftsterminal erwartete uns unsere Dolmetscherin und Betreuerin. Die Holländer hingegen waren etwas planlos unterwegs und haben „dumm aus ihren Radlerhosen geschaut“, als sie kein Empfangskomitee erwartete. Es ging im 80er-Jahre-Reisebus mit Karaokemaschine zum Hotel und die Hitze in Kaohsiung war nach Verlassen des klimatisierten Terminals wirklich fast nicht auszuhalten. Wir hatten uns während unseres Zwischenstopps in Hongkong schon mal über unser Hotel informiert, es sollte wohl das beste Hotel der Stadt sein. Es sah von außen wie ein riesiger chinesischer Palast aus. Nur wunderten wir uns ein wenig, als der Bus auf das Gelände des Hotels fuhr, aber vor dem Eingang nicht anhielt, sondern weiter durch den Park an einem See vorbei schließlich vor einer Art Jugendherberge hielt. UHHA: Das ist es wohl ein ehemaliges Personalhaus, in unserem Zimmer hatten wir gerade genug Platz für acht Matratzen und eine unserer acht Gearbags.

Während wir uns berieten, wo es nun hingeht, kam der große Regen: Von einer Sekunde auf die andere wurde der Himmel dunkel und es regnete wie aus Eimern. Wir wurden in ein kleines Motel gebracht, in dem wir die nächsten Nächte schlafen konnten.

Volksfestatmosphäre vor dem Stadion
Bevor wir zur Eröffnungsfeier aufbrachen, haben wir uns erst einmal einen Snack in der gegenübergelegenen Entenbraterei gegönnt, noch ein Bier für den Weg mitgenommen und dann gings los. Natürlich mit dem Taxi, das ist eine willkommene Abkühlung zwischendurch und kostet soviel wie bei uns ein Eis am Stiel. Wir hatten leider keinen Zugang zum Inneren des Stadions, aber davor herrschte fast Volksfestatmosphäre und die Feier gestaltete sich auch dort ausgesprochen interessant. Das anschließende Feuerwerk war grandios.

Als wir zum Hotel zurückkehrten, fielen wir nach der anstrengenden Anreise und den ersten Erlebnissen wie tot ins Bett.

Paintballtraining einmal anders
Am nächsten Morgen stand Training auf dem Programm. Wir wurden gegen acht Uhr am Hotel abgeholt und zum Feld gebracht. Das lag mitten in der Innenstadt in einer Parkanlage, ringsherum standen Hochhäuser. Es war heiß und bei diesen Temperaturen will man eigentlich nur schwimmen und nicht in Paintballmontur übers Feld hetzen. Wir entschlossen uns, das Ganze erst einmal ruhig angehen zu lassen, und verabredeten zwei Trainingsspiele: ging recht flott, beide Spielchen gewonnen und endlich raus aus den Klamotten. Das Feld und die Staging-Area waren super. Das NPPL Super Seven-Feld erlaubte nur wenig Möglichkeiten, Gs am Break zu schießen, dafür war es schnell, da man recht einfach vom Start in die Snake konnte. Jedes Team hatte zwei Zelte, Tische und Stühle und eine Wanne mit Eiswasser für die Getränke. Mittags gab es eine warme Mahlzeit. Ab Samstag half uns ein taiwanesischer Jugendlicher aus der schulischen Paintball AG beim Pöttesammeln und anderen Dingen. Also uns fehlte es wirklich an nichts. Nach dem Training fuhren wir mit unseren Dolmetschern auf einen Nachtmarkt und ließen uns alle einheimischen Spezialitäten erklären, die wir anschließend probierten. Dann gings ab ins Bett, damit wir für den nächsten Tag fit waren.

Jetzt wird es ernst
Am Samstag starteten wir schon früh. Am Feld angekommen haben wir uns zunächst für unseren Sport umgezogen und dann ging es zur „Opening Ceremony“. Der taiwanesische Paintball-Präsident hieß alle Teams willkommen und sprach einige einleitende Worte. Wir absolvierten direkt das erste Vorrundenspiel gegen den Iran: Nach einem etwas verschlafenen Start und einem 0:2-Rückstand rafften wir uns bei „Race to 3“ aber auf und gewannen das Spiel. Die anderen beiden Vorrunden-Games brachten wir souverän hinter uns und sicherten uns damit die Teilnahme an der Finalrunde, für die sich die besten sechs Teams qualifizierten.

Das Wetter war wechselhaft, Kaohsiung wurde von den Ausläufern eines Taifuns getroffen, der das Spielfeld auch nicht verschonte. Es fing morgens mit heftigen Regenfällen und Sturmböen an, die sich im Laufe des Tages immer wieder mit Sonnenschein abwechselten. Gegen Mittag wurde es sogar so stürmisch, dass die fest verankerten Zelte durch die Luft flogen und einer unserer Spieler von einem Zelt am Kopf getroffen wurde. Glücklicherweise ist ihm bis auf eine kleine Platzwunde nicht viel passiert, wofür der Präsident und die Präsidentin ihm eine kleine Wiedergutmachung überreichten. Außerdem wurden die Stangen der Spielfeldbegrenzung vom heftigen Wind verbogen, die die Helfer jedoch mit vereinten Kräften reparierten, sodass es keine erheblichen Verzögerungen im Zeitplan gab.

Der Stimmung unter den Mannschaften tat das teilweise schlechte Wetter keinen Abbruch, sie war super! Die Teams unterstützten sich gegenseitig, wenn jemand um Hilfe bat. Abends wurde dieser Zusammenhalt noch weiter ausgebaut bei einem gemeinsamen Abendessen, zu dem ebenfalls die Teams des taiwanesischen Verbands eingeladen waren. Alles in allem gutes Essen, gute Stimmung, aber der falsche Tag, da wir uns am Sonntag gleich beim ersten Match wieder mit den an Platz eins gesetzten Japanern messen mussten.

Gelungene Finalspiele
Die Finalspiele waren bei mehr als 35 Grad Celsius und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit unfassbar anstrengend. Vier Spiele gewannen wir 3:0, doch die Iraner gingen wieder 2:0 in Führung, aber wir gaben alles und glichen zum 2:2 aus. Dann folgte die Verlängerung, die wir wie in der Vorrunde zu unseren Gunsten entscheiden konnten. Im letzten ausschlaggebenden Spiel trafen wir auf die ebenfalls ungeschlagenen Australier: Es war ein sehr hartes Spiel, beide Teams wollten die Goldmedaille. Als die acht Minuten Spielzeit vorbei waren, stand es 2:2. Dies bedeutete erneut die Entscheidung in der Overtime. Glücklicherweise erspielten wir auch noch diesen letzten Punkt zu unseren Gunsten und die ganze Anspannung und die Anstrengung waren wie verflogen. Es war mit Abstand der härteste Paintballtag, den ich je gespielt habe. Aber es hat sich gelohnt.

Wir hatten nicht viel Zeit bis zur Siegerehrung, alle Teams stellten sich in Reihen vor der Bühne auf. Dann hielten die Offiziellen Ansprachen, unter anderem ein Mitglied des IOC, der Worldgames-Veranstalter und der Präsident des taiwanesischen Paintball-Verbandes. Diese überreichten auch die Medaillen. Es war ein großartiges Gefühl, vor so vielen Zuschauern die Goldmedaille überreicht zu bekommen.


Anschließend wurde noch gefeiert. Sowohl die Zuschauer, die Schulkinder der Paintball AG, die als Dolmetscher, Cleaningcrew und Pitcrew halfen, dass dieses Turnier so besonders war, und Spieler anderer Teams wollten ein Foto oder Autogramme von uns oder im besten Fall ein Trikot der deutschen Paintball-Nationa-lmannschaft ergattern. Es war einfach überwältigend, mit so vielen netten Menschen diesen Sieg zu feiern. Wir waren auf das Erreichte so stolz, dass wir die Medaillen gar nicht mehr ausziehen wollten.

Erstes inoffizielles Gold für die deutschen Sportler
Abends haben wir uns noch mit einigen Teams verabredet, dieses großartige Ereignis im Lamp Club, einer der angesagtesten Klubs in Kaohsiung, zu feiern. Dort trafen wir auch auf andere Sportler, unter anderem die deutsche Damen-Kanu-Polo-Mannschaft, die dort mit den deutschen Drachenbootherren ihre Erfolge feierten. Die Nach-richt über unseren Sieg hatte sich im Deutschen Haus ebenfalls schnell verbreitet. Und wir erfuhren, dass wir mit der Goldmedaille das erste deutsche Gold bei diesen Wordgames erzielt hatten, auch wenn es nicht in den offiziellen Medaillenspiegel einging. Es war ein wunderbarer Abend, mit den zahlreichen Sportlern die erreichten Erfolge zu feiern.

Am Montagvormittag stand leider die Abreise aus Kaohsiung auf dem Programm, aber nach dem sportlichen Teil unserer Reise waren nun Sightseeing und Kulturprogramm angesagt. Wir fuhren mit dem High-Speed-Zug zurück nach Taipeh.

In Taipeh angekommen suchten wir uns zuallererst ein Hotel. Von dort aus fuhren wir gegen Abend zum Taipei 101, dem derzeit höchsten fertiggestellten Gebäude der Welt. Es war riesig und überwältigend, von der Besucherplattform aus sahen wir die ganze hell erleuchtete Stadt. Am nächsten Tag stand das Chinesische Nationalmuseum auf unserer Liste. In diesem Museum lagert die größte Sammlung chinesischer Kultur. Außerdem besuchten wir noch den größten Nachtmarkt des Landes, einen buddhistischen Tempel und brachten unseren Freundinnen und Familien Souvenirs aus dem fernen Taiwan mit.

Erich Kempinski, Sebastian Schröder, Oli Kröger, Fabian Deetz, Philip José Steinfatt dos Reis, Tobias Breuer, Stefan Schultheis und Johannes Schilling (v.l.)

Es war eine Ehre für uns, Deutschland bei den diesjährigen Worldgames vertreten zu dürfen.

Autor: Sebastian Schröder
Bilder: Ole Kröger

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